And now for something completely different... Journalistische Hausaufgaben.
Wenn es mein Brotberuf ist, zu berichten, zu analysieren, zu objektivieren (und naiver Weise wäre dies ja die Aufgabe), dann würde ich etwa bei diesem Artikel Nachfragen oder Selbstreflexionen erwarten:
Silberberger im TT-Interview
Keine Angst, bezieh' mich vorwiegend auf Wacker Innsbruck. Unabhängig von der zweimaligen vollständigen Erwähnung des neuen Vereinsnamens samt Sponsor unseres Nachbarn, während für den Innsbrucker Verein nur "FC Wacker" oder die Innsbrucker bleibt (FCW, der Ötztaler Blogger unter den Fußballvereinen), findet sich folgendes Zitat:
Es gab auch keinen Aufschrei, als wir im Herbst Zweiter waren. Ich bin vorangegangen und habe gesagt: Wir schaffen das. Wir sind nie in Panik verfallen.
Die Grün-Weißen waren von 5. Oktober, also nach dem Spiel gegen FCW II, bis in den April hinein Tabellenführer, auch zuvor nicht mehr als drei Punkte zurück und ab Runde 2 nicht mehr ohne Punkte aus einem Spiel. Könnte man da als Sportjournalist nachfragen, welchen Zeitraum er da im Auge hat für Panik?
Den Ausgang nimmt diese Aussage bei:
Weil wir mit Ruhe arbeiten, auch in schwierigen Zeiten. Ich vergleiche gern Hartberg und den FC Wacker. Hartberg hat in der vergangenen Saison 14-mal in Serie nicht gewonnen, ich hab’ nicht einmal gelesen, dass dort Feuer am Dach ist und Markus Schopp in Frage gestellt wird. In Innsbruck war das wöchentlich der Fall. Das haben wir mit Sicherheit nicht.
Müsste man hier als Journalist nachfragen, wer mit Aussagen oder Handlungen Unruhe verbreitete, ob die Quellen im Verein lagen oder Spekulationen von außen gebracht wurden?
Steckbrief Thomas Silberberger (...) Stationen als Spieler: FC Tirol (1993–96) (...) Erfolge als Profi-Spieler: ÖFB-Cupsieger mit dem FC Tirol 1993
Dass Silberberger in der Saison des Cupsieges kein Spiel für die Kampfmannschaft machte, lassen wir dabei galant unter den Tisch fallen, das, finde ich, ist auch in Ordnung. Aber könnte ein Journalist der Tiroler Tageszeitung, Partner des FC Wacker Innsbruck, nicht wissen, dass der Cupsieger 1993 FC Wacker Innsbruck hieß? Der Verein wurde ja erst danach umbenannt, nebenbei zunächst in FC Innsbruck Capillaris Tirol - wenn man schon, wie oben, den gesamten Namen mit Sponsor ausschreiben will.
Und diese im ersten Moment vielleicht als Schlampigkeit abgetane Linie zieht sich wie ein roter Faden durch die Artikel und die Zeit. Man schafft es von Medienseite nicht oder kaum, den Vereinsnamen zu nennen, unterminiert dabei aber sein eigenes Argument des fehlenden Platzes auf Grund der Zeichenlänge, weil man gleichzeitig den neuen Namen der WSG vollständig und mehrfach erwähnt, in Header, Bildunterschriften und Fließtext. Zeitgleich wird moniert, dass der Name nicht in der Bevölkerung angekommen sei.
Die Bildauswahl ist "überraschend", freundlich lächelnde, strahlende Bilder von schwarz-grünen Mitarbeitern des Vereins an der Sill scheinen kaum vorhanden zu sein, andernorts jedoch leichter umsetzbar.
Die Trainer - mit Vereinsname voll und nicht ganz so vollständig. Derselbe Fotograf, Artikel innert Tagen erschienen.
Der Präsident und die Präsidentin. Beide für positive News ihres Vereins.
Mein Lieblingsbild: die schon von der TT vorgefertigte Gegenüberstellung für einen Bericht...
Mag sein, dass ich ein bisschen paranoid bin - aber selbst dann sind die Beispiele überraschend untermauernd für meine Paranoia. Falls nicht: welcher Ausweg bleibt Wacker Innsbruck...?